Bye bye Mirage

 

 

 

 

 

Ehemaliger Goldküstenexpress verabschiedet

 

 

SBB-Medienmitteilung vom 09. Dezember 2008

 

 

Die so genannten «Mirage»-Triebzüge der S-Bahn Zürich wurden heute Morgen mit einer kleinen Feier ausser Betrieb genommen. Damit endet eine 40 Jahre währende Geschichte, die von Höhen und Tiefen geprägt war.

Die «Mirage» ist allen Zürcher S-Bahn-Benützerinnen und -Benützern ein Begriff. Sie prägte mit ihrem damals noch dunkelroten Anstrich bis in die Neunzigerjahre hinein das Erscheinungsbild der rechtsufrigen Zürichsee-Linie. 1967 in Betrieb genommen, verblüffte die RABDe 12/12 mit ihrem hohen Beschleunigungsvermögen, was ihr auch ihren Spitznamen einbrachte.

Heute Dienstagmorgen wurde die «Mirage» nach 40 Jahren Betrieb mit einer kleinen Feier im Bahnhof Museumsstrasse des Hauptbahnhofs Zürich ausser Dienst gestellt. Gerade in letzter Zeit wurde immer deutlicher, dass die einst topmodernen Züge nicht mehr heutigen Ansprüchen genügen. Auch gestaltete sich die Ersatzteilbeschaffung zunehmend schwierig bis fast unmöglich. «Mit höchstens einem halben weinenden Auge dürfen wir heute die Mirage-Triebzüge aus der S-Bahn-Zürich verabschieden», sagte Dominik Brühwiler, Leiter Verkehrsplanung des Zürcher Verkehrsverbundes (ZVV).

 

Obwohl die «Mirage» aus heutiger Sicht mit beengten Platzverhältnissen, einer ruckartigen Beschleunigung und dem eigenartigen Geruch der Bremsen auffiel, erinnerte Werner Schurter, Leiter SBB Regionalverkehr Zürich, an die geschichtliche Bedeutung des Zugs: «Heute ist ein eisenbahnhistorischer Tag. Die Mirage war die Ur-S-Bahn. Die Zürcher Bahnwelt verliert ein Gesicht, das sie 40 Jahre lang geprägt hat.»

In den vergangenen Jahren verkehrte die «Mirage» vornehmlich als S16 auf der Strecke Herrliberg–Zürich–Schaffhausen–Thayngen. Sie wird mit dem heutigen Tag aus dem laufenden Fahrplanbetrieb verabschiedet. Um bei Engpässen beim Rollmaterial noch auf die «Mirage» zurückgreifen zu können, wird sie nur Stück für Stück dem Abbruch zugeführt.

 



Ausserbetriebnahme der Mirage S-Bahn Zuerich. Die Triebzuege RABD2, Mirage genannt, werden auf den Fahrplanwechsel hin aus dem Betrieb genommen. 
Abschiedsfeier, aufgenommen im Museumsbahnhof des HB Zürich am 9. Dezember 2008. Einfahrt des Mirage auf Gleis 21.

Copyright und Foto: François Gribi Fotograf BR & Designer FH © 2008 SBB CFF FFS

 

 

 

Reisende steigen vom Mirage auf eine DPZ-Komposition der S16 um.

Copyright und Foto: François Gribi Fotograf BR & Designer FH © 2008 SBB CFF FFS

 

 

 

Reisende steigen vom Mirage auf eine DPZ-Komposition der S16 um.

Copyright und Foto: François Gribi Fotograf BR & Designer FH © 2008 SBB CFF FFS

 

 

 

Dominik Bruehwiler, Stv Direktor ZVV (links) und Werner Schurter, Leiter Regionalverkehr Zuerich der SBB, bereiten den Wagen zum bekleben mit dem Abschiedsplakat vor.

Copyright und Foto: François Gribi Fotograf BR & Designer FH © 2008 SBB CFF FFS

 

 

 

Werner Schurter, Leiter Regionalverkehr Zürich der SBB (links) und

Dominik Bruehwiler, Stv Direktor  des Zürcher Verkersverbundes ZVV.

Copyright und Foto: François Gribi Fotograf BR & Designer FH © 2008 SBB CFF FFS

 

 

 

 

 

 

 

Zürichsee-Zeitung vom Donnerstag 14. August 2008

 

Mirages werden ausgemustert von Bernd Beck

Eine zuletzt ungeliebte Bekannte verlässt das rechte Ufer 

 

Auf den Fahrplanwechsel am 14. Dezember werden die Triebzüge RABDe 510 (ehemals RABDe 12/12) ausgemustert. Unter dem Namen "Mirages" waren sie am rechten Zürichseeufer seit 1967 Hauptträger des öffentlichen Verkehrs.

Bild: Eine 1996 total renovierte Komposition der aktuellen S 16, Herrliberg-Thayngen

 

Für die seinerzeitige Einführung des Halbstundentaktes auf der Goldküstenlinie Zürich-Meilen-Rapperswil wurden im Jahre 1967 20 Triebzüge mit der damaligen Typenbezeichnung RABDe 12/12 von den SBB in Betrieb genommen, um den für die damalige Zeit revolutionär knappen Fahrplan einhalten zu können. Diese 125 km/h schnellen Züge bestehen aus zwei 2.-Klasse-Endwagen sowie einem Zwischenwagen mit 1. Klasse und einem Gepäckabteil. Die Züge hatten ursprünglich - bei den SBB eine Ausnahme - eine weinrote Farbgebung und erhielten Übernamen wie «Goldküstenexpress» (aufgrund ihres Einsatzgebietes) und «Mirage» (nach dem Dassault-Mirage-Jagdflugzeug benannt, welches von der Schweizer Armee zeitgleich beschafft wurde). Mit der Einführung der S-Bahn Zürich wurden die «Mirages» von den neuen Doppelstock-Pendelzügen (DPZ) auf andere Linien verdrängt (bis zur Einstellung auf der S14 Rüti-Wald), auf der S21 und S24. Am rechten Ufer verkehrten sie im Regel betrieb auf der S16, waren aber wegen ihrer Geruchsimmissionen, der Lärmentwicklung, der schmalen Einstiege (Flughafenlinie ab Herrliberg-Feldmeilen bis Thayngen) und der unruhigen Fahrweise zuletzt äusserst unbeliebt. Die in den 1990ern modernisierten Züge sollten bis 2014 auf Linien der S-Bahn Zürich im Einsatz verbleiben. Wie der «Zürcher Oberländer» in einer Kurznotiz schreibt, sei laut SBB-Medienstelle nun geplant, die Fahrzeuge bereits auf den kommenden Fahrplanwechsel am 14. Dezember im ZVV-Gebiet auszumustern.Die ursprünglichen RABDe 12/12 sind mit beidseitigen automatischen +GF+-Kupplungen ausgerüstet, um rationellen Betrieb zu gewährleisten. Die drei Fahrzeuge einer Einheit sind untereinander kurzgekuppelt und können im Normalbetrieb nicht getrennt werden. Weil das Sitzplatzangebot einer Einheit in den fahrgastintensiven Stunden nicht ausreicht, stehen jeweils Doppeltraktionen im Einsatz (mit Ausnahme der S24). Bis zu vier Einheiten könnten in Vielfachsteuerung zusammengekuppelt werden, was aber am rechten Ufer wegen der vorhandenen Perronlängen nie der Fall war.

 


Schwerst beschädigt

Von den 20 Kompositionen wurden 1971 bei zwei Unfällen innert zwei Monaten insgesamt vier Kompositionen schwer beschädigt. In Feldmeilen kollidierten die Triebzüge 1119 und 1109 am 18. Januar 1971: Zwei Züge des «Goldküstenexpress» prallten damals wegen technischer Defekte und Fehlern von Stationsbeamten zwischen den Stationen Meilen und Herrliberg-Feldmeilen zusammen. Sechs Personen starben, 17 wurden verletzt. In Ürikon traf es die Triebzüge 1117 und 1113. Jede Kollision zog jeweils zwei Endwagen und einen Mittelwagen so schwer in Mitleidenschaft, dass die Wagen dem Abbruch zugeführt wurden. Aus den intakten Teilen und zwei unbeteiligten Kompositionen (1106 und 1111) wurden vier Triebzüge neu zusammengestellt. Dadurch entstanden die «neuen» Triebzüge 110 9II und 111 3II, während der Triebzug 1120 in 111 7II umgezeichnet wurde.

 


Ab 1996 Totalrevisionen

Nach 30 Betriebsjahren wurden die verbliebenen 18 Triebzüge (1101-1118) ab 1996 einer Totalrevision (R4) unterzogen und gemäss dem neuen Nummernschema der SBB als RABDe 510 000 bis 510 017 beschriftet. Auffälligste Änderung an den RABDe 510 ist die Neulackierung gemäss dem Farbschema für Regionalfahrzeuge (hellgrau/blau), welches die SBB seit den NPZ («Kolibri») verwenden. Die Fahrzeuge erhielten mit der Modernisierung gelbe (Sicherheits-)Automatik-Aussenschwingtüren.

 


Eine unscheinbare Säule

Kurios in den «Mirage»-Zügen ist eine Säule in der Mitte der mittleren Einstiegsplattformen der beiden Endwagen. Sie dient nicht primär als Haltegriff für Fahrgäste, wie man glauben könnte, sondern führt die 15-kV-Fahrstromversorgung zur Hochspannungstechnik unter dem Fahrgastraum. Dort sind alle 12 Achsen (12/12) dieser Fahrzeuge angetrieben, was auf Regionalzügen unüblich ist. Dieser Antrieb verleiht zusammen mit der hohen Leistung diesen Fahrzeugen ein sehr hohes Beschleunigungsvermögen, was ihnen den erwähnten Spitznamen «Mirage» einbrachte. Für Eisenbahnfans war früher interessant, dass sie zusammen mit den SBB-BDe-4/4- und RBe-540-Triebwagen zu den SBB-Fahrzeugen gehörten, in denen der Fahrgast dem Lokomotivführer über die Schulter schauen und mit seinem Einverständnis sogar auf einem Platz neben dem Führerstand mitfahren konnten. Seit dem erwähnten Umbau (R4) gilt der Führerstand jedoch als separater Raum, und das Betreten ist somit für Unberechtigte verboten.Während die meisten Fahrzeuge der SBB bis in die 1980er Jahre eine tannengrüne Farbgebung hatten, prägten die RABDe 12/12 mit ihrer dunkelroten Farbe das Erscheinungsbild der rechtsufrigen Zürichseelinie (Zürich-Meilen-Rapperswil). Gelegentlich waren die «roten Raketen» auch am linken Ufer des Zürichsees, im Linthgebiet und im Glarnerland anzutreffen.

 

Die seit 1967 am rechten Ufer verkehrenden, einst dunkelrot lackierten «Mirages» sollen auf den kommenden Fahrplanwechsel von Mitte Dezember ausgemustert werden.

 

 

 

 

 

 

 

Zürcher Oberländer vom Dienstag 12. August 2008

 

Die letzte Fahrt von altem SBB-Rollmaterial führt mitunter zum Dübendorfer Unternehmen M. F. Hügler. Dieses nimmt die Fahrzeuge auseinander und presst sie zu Schrott zusammen.

 

 

 

 

Bild: Eine ausrangierte RBe 4/4

 

Lokomotiven auf dem Schrottplatz, nicht selten ihrer Fabrikschilder und Scheinwerfer beraubt, auf die Schrottpresse wartend. Eisenbahnfreunden blutet das Herz, wenn sie solche Bilder sehen. Das Areal der Firma Hügler in Dübendorf ist deshalb nicht unbedingt ein Ort, den Eisenbahnfreaks aufsuchen sollten: Hier werden ausgemusterte Eisenbahnfahrzeuge abgebrochen.

 

 


Einsätze werden immer seltener

Die Firma Hügler, die sich ganz der Entsorgung und dem Recycling von Altmaterial verschrieben hat, verfügt in Dübendorf und in Emmen über entsprechende Infrastrukturen. Auf dem Gelände in Dübendorf standen letzte Woche ein Schienentraktor und ein Hochleistungstriebwagen der Baureihe RBe 4/4 zum Abbruch bereit.
Der Triebwagen gehört zu einer Baureihe, die während Jahren das Rückgrat des Eisenbahnverkehrs im Glattal und im Oberland bildete. Diese Fahrzeuge aus den 1960er Jahren, die einst Leichtschnellzüge durchs Mittelland führten, werden in der Region immer seltener eingesetzt: So sind die RBe 4/4, die seit ihrem letzten Umbau in den Jahren 1992 bis 1998 als RBe 540 bezeichnet werden, nur noch aushilfsweise auf der S15 anzutreffen.
Wie die SBB-Medienstelle auf Anfrage erklärte, stehen noch 19 fest in Zugskompositionen eingereihte RBe- 540-Triebwagen zur Verfügung. Dieses Rollmaterial dient zur Ergänzung der modernen Flotte und wird noch auf einzelnen S-Bahn-Linien oder für Entlastungszüge in den Haupverkehrszeiten am Morgen und am Abend verwendet - oder ab und zu für besondere Leistungen wie Fussball-Extrazüge. Mit der Bestellung weiterer Doppelstockzüge für die Zürcher S-Bahn werden die RBe 540 aber immer seltener zum Einsatz kommen, sodass sie bis zur Inbetriebnahme der Durchmesserlinie im Zeitraum 2013/2015 ihren fahrplanmässigen Dienst quittieren dürften.

 


Strenge gesetzliche Auflagen

Die Firma Hügler ist vor allem am Schrott interessiert. «Wir zerlegen die Fahrzeuge und verarbeiten sie zu Alteisen weiter», erklärt Hügler-Mitarbeiter Stephan Hänggi, der für den Abbruch von solchen ausgedienten Vehikeln zuständig ist. «Wenn ein Fahrzeug bei uns ankommt, sind bereits etliche Teile ausgebaut - vor allem natürlich sogenannte Gefahrenstellen wie die Klimageräte.» Zudem seien sie vollständig entleert, würden also beispielsweise keine Transformatorenöle mehr aufweisen. Diese Arbeiten hätten die SBB bereits zuvor in ihrer eigenen Werkstätte erledigt. «Sie bauen alles aus, was für sie noch irgendwie weiterverwendbar erscheint. Ausser Teilen wie die Bremsen, damit die Wagen noch sicher zu uns geschleppt werden können.»
In Dübendorf werden die Fahrzeuge weiter ausgeschlachtet. Sperrgut wie Glas wird abgetrennt und auf die regulären Entsorgungswege geschickt, ehe die Fahrzeughülle mit der Schrottschere zerlegt und zerdrückt wird. Der so gewonnene Stahl schliesslich geht in die Schmelze. Stephan Hänggi betont, dass man bei diesen Arbeiten strenge gesetzliche Auflagen befolge. «Der Schrotthandel hat ein schlechtes Image, das lässt sich nicht von der Hand weisen. Zugleich ist es im Moment eine stark boomende Sparte, Altmetall ist sehr gefragt.»

 

 

Keine Andenken für Bahnfreaks

In erster Linie zerlegt die Firma Hügler die Eisenbahnfahrzeuge in Emmen. Soeben habe man dort zwölf Einheitswagen I verschrottet, erzählt Hänggi. In Dübendorf hingegen reichen die Kapazitäten für solche Aktionen nicht aus. Deshalb sind es eher Kleinfahrzeuge wie Schienentraktoren, die im Glattal zerlegt werden.
Oder hin und wieder ein ausgedienter S-Bahn-Triebwagen. Fahrzeuge, die Millionen von Kilometern zurückgelegt haben. Trotzdem: «Sentimentalität gibt es bei uns nur am Rand», sagt Stephan Hänggi. Auch Anfragen von Eisenbahnfreunden, die sich als Erinnerung ein Teil eines solchen Fahrzeuges sichern möchten, müssten abschlägig beantwortet werden: Teile könne man nur auf Weisung der SBB abgeben. «Für uns ist ein alter Bahnwagen schlicht und einfach Alteisen. Dass wir solche Wagen auseinandernehmen, ist schlicht und einfach Bestandteil unseres Betriebes.»