Von Adrian Müller in "20 Minuten"

Pleiten, Pech und Pannen: Die Cisalpinos entwickeln sich immer mehr zum grössten Desaster der jüngeren Schweizer Bahngeschichte. Die SBB seien in der Kooperation mit den italienischen Staatsbahnen gefangen: Ein Bahn-Experte erklärt die Hintergründe des Neigezug-Desasters.

Eigentlich sollten die Cisalpino- Neigezüge ETR 470 den Bahnkunden kürzere Reisezeiten und mehr Komfort bringen. Doch die Cisalpinos entwickeln sich mehr und mehr zum grössten Debakel der neueren SBB-Geschichte. Der jüngste Zwischenfall im Lötschbergtunnel, als ein Zug plötzlich stehen blieb und die Passagiere den Tunnel zu Fuss verlassen mussten, hat das Fass offenbar zum Überlaufen gebracht: In einem geharnischten Communiqué beschuldigen die SBB die Italienischen Staatsbahnen FS, die Wartung am Cisalpino ETR 470 zu vernachlässigen. Die SBB wollen nun den Unterhalt vermehrt in der Schweiz durchführen. Knebelverträge mit den FS verhindern dies jedoch bis auf weiteres.

Italiener sind nachlässig

Für den Bahnexperten und Chefredaktor der Schweizer Eisenbahn Revue, Walter von Andrian, sind die Probleme nicht nur technischer Natur: «In Italien hat man andere Vorstellungen punkto Unterhalt und Verfügbarkeit der Züge», erklärt er im Gespräch mit 20 Minuten Online. Das Wartungs-Desaster sei auch ein kulturelles, nicht nur ein technisches Problem: «Italiener sind sich Verzögerungen gewöhnt, dies ist für sie nichts Aussergewöhnliches», so von Andrian. Die scharfe Reaktion der SBB auf die neuste Panne ist für ihn ein Zeichen, dass «die SBB die Geduld verlieren.» Doch auch an den ETR 470 lässt er kein gutes Haar: Dies seien «billig gebaute und schlecht gewartete Züge». Die FS habe deshalb bei der Vorgängerversion ETR 460 die Neigefunktion abgestellt.

SBB ist in Kooperation gefangen

Doch die SBB sind auf Gedeih und Verderb auf die Zusammenarbeit mit den FS angewiesen, da sie aufgrund der Netzzugangsbewilligung nicht mit eigenen Zügen nach Italien fahren könnten. Die SBB seien in der Kooperation gefangen, sagt von Andrian. Die Cisalpino AG ist ein Gemeinschaftsunternehmen der SBB und den FS, an der beide Gesellschaften je mit 50 Prozent beteiligt sind. «Bei der Cisalpino AG herrscht eine Pattsituation», stellt von Andrian fest. Alle Entscheidungen müssen die SBB mit den FS aushandeln. Niemand kann entscheiden, was gemacht wird. «Das ist das Kernproblem», ist für den Bahnexperten klar.

Doch auch für die Fahrplangestalter in Italien haben die Cisalpinios keine Priorität: Die Neigezüge von Mailand Richtung Schweiz müssen teilweise Regionalzügen hinterherfahren, was grossen Zeitverlust nach sich bringt.

Tschechen warteten sieben Jahre

Die neue Neigezug-Generation ist ebenfalls bereits in Schieflage: Die im Jahr 2004 von den FS für die Cisalpino AG bestellten ETR 610 stehen nach wie vor auf den Teststrecken in der Schweiz herum. Der Zeitpunkt der Ablieferung ist nach wie vor ungewiss, da der Hersteller Alstom (früher Fiat-Ferroviaria) die technischen Probleme nicht lösen kann. «Die Firma wird aus Frankreich ferngesteuert, alle führenden Köpfe mussten gehen», erklärt von Andrian mögliche Probleme bei der Auslieferung der neuen Cisalpinos.

Die Cisalpinos müssten eigentlich schon seit Dezember 2007 in Betrieb sein. Laut jüngsten Prognosen werden die ETR 610 jedoch frühstens im Sommer 2009 fahrplanmässig im Einsatz stehen. Doch es könnte noch viel länger dauern: Die Tschechischen Staatsbahnen warteten nach den Testfahrten geschlagene sieben Jahre, bis die Züge endlich in Betrieb genommen werden konnten.

Die 39 Kommentare dazu:

SBB ist super
Die SBB ist super. Nur der Cisalpino gehört von der Schiene. Also der ausfall von nur 17% aller dieser Züge halte ich für absolut schönmalerei. Im Jahr 2006 wollte ich 8 Wochen lang mit dem Cisalpino einrücken. Es kam jedes Mal der Ersatzzug! Es war die reinste Katastrophe.
von: Jonni Walkers am: 24.12.2008 13:47

Gehört schon, aber...
ein Zug kann nicht einfach so ins Ausland verkehren. Da braucht's die richtige Ausrüstung (Stromsystem, Zugsicherung); die haben die TGV und ICE für Italien nicht! Bei dem komplizierten Zulassungsverfahren in Italien ist es fast unmöglich, mit nicht-italienischen Triebzügen nach Italien zu fahren.
von: Andy
am: 24.12.2008 13:41

  Wer ist an dieser miesere Schuld ?
Sicher nicht die Italiener. Die für uns Steuerzahler teuerste Monopol und Schrottfirma SBB hat ja diese Züge bestellt und die Verträge zum Unterhalt gemacht. Lieber mal vor der eigenen Türe wischen.
von: swenja
am: 24.12.2008 13:37

  SBB kann aLLes...
Hat die SBB jemals schon einen fehler gemacht? Neeein. Die SBB doch nicht, Sie wissen immer alles besser. Darum läuft ja alles auch souverän ab!
von: Lüü
am: 24.12.2008 13:21

  fiat: dies und das
Das Problem vom Fiat Konzern... es ist ein Gemischtwarenladen geworden. Man ist ein bisschen in allen Bereichen präsent, aber nur halbbatzig; bei Zügen, welche pro Tag mehrere tausend Kilometer zurücklegen und ebenso viele Passagiere befördern geht dies leider nicht.
von: ueli
am: 24.12.2008 13:15

  Auto's haben auch Pannen!
Na das gibt es, dass ein Zug eine Panne hat. Nur hat die SBB zu lange gewartet, denn das Problem war lange bekannt. Statt das man sofort gehandelt hat, wurde zu viel geredet! Aber seit doch auch dankbar, denn schliesslich hat die Schweiz das beste ausgebaute Schinennetz auf der ganzen Welt!
von: Theo Lang
am: 24.12.2008 13:13

  Man sollte. ......
vielleicht zuerst mal denken,denn die Cisalpino haben nicht erst seit der Eröffnung des Lötschberg-Basistunnel mit ihren Zügen grosse Probleme, sondern schon viel früher. Man hätte den italienischen Staatsbahnen schon viel früher erklären müssen,dass die CH keine Pannenzüge akzeptiert!!
von: Heinz Koch
am: 24.12.2008 13:09

  ebenfalls bei der Infrastruktur
in 10 jahren haben wir das nächste problem wenn wir, deutschland und holland den Transitkorridor 24 (Rotterdam-Genua) von fertiggestellt haben und Italien noch hinterher hinkt. wiso müssen wir einen Ceneri bauen und bezahlen wenn wir an der Ostseite des Lago maggiore bereits eine Flachbahn haben?
von: stefan
am: 24.12.2008 12:59

  Liebe SBB
Noch nie etwas von TGV, ICE oder sogar AGV gehört
von: Walter Kunz
am: 24.12.2008 12:52

  Schi äh Cisalpino
Bin einmal damit gefahren; nur hässlich; sowohl vom Aussehen (innen/aussen), vom Fahrkomfort, der Pünktlichkeit etc. Und die SBB wollte mal den techn. Nachfolger dieser Züge kaufen! Ist keiner der SBB-Manager mal mit nem ICE2 oder ICE3 der DB gefahren? So gehts! Ersetzt doch die Schis alpino mit ICE
von: M.
am: 24.12.2008 12:52

  Spuhler
Haben wir da nicht noch einen tüchtigen Schweizer, der ausgezeichnete Bahnen baut?
von: Heinz P.
am: 24.12.2008 12:51

  Ich bin zufrieden
Ich fahre seit 2 1/2 Jahren zur Arbeit und 1-2 mal wöchentlich zu meinen Kunden mit der SBB in die ganze Schweiz und bin mehr als zufrieden. Nie Verspätungen gehabt, im Gegensatz zu den 3 Staus bei 6 Beifahrer-Autofahrten von Zürich/St.Gallen Richtung Basel.
von: Fabio
am: 24.12.2008 12:50

  Bähnler leiden unter Chaos ???
Lieber SEV die Bähnler die wegen der Pannen des Cisalpino mehr arbeiten müssen mussten das nicht gratis machen wir haben ja die bestbezahlten Lokführer Zugführer etc. der Welt.
von: Kari
am: 24.12.2008 12:48

  Ich verliere die Geduld auch-an der SBB!
Super, die SBB verliert die Geduld am Cisalpino. Ich habe die Geduld an der SBB schon längst verloren. Hätte ich genug Geld und müsste nicht jeden Tag zur Arbeit, würde ich schon längst auf die SBB verzichten!!
von: Sandra
am: 24.12.2008 12:47

  Keine Selbstmörder
Fiat sind doch keine Selbstmörder. Züge, die schnell und gut sind, sind der Feind des Automobils. Wer kam den auf die Idee, Züge für Italien beim italienischen Autohersteller zu bestellen?
von: Fiat
am: 24.12.2008 12:25

  Allianzen & Qualität
Pünktlichkeit, Anschlüsse in Randregionen, Sauberkeit, Billetpreise, 1.-Kl.-Abteile in Regio-Zügen: In diesen Punkten kriegt der ÖV ein "Mangelhaft". Als pendelnder Ex-Schüler war ich froh, als ich meinen ersten eigenen Untersatz hatte. Auto forever :-)
von: Glücklicher Autofahrer
am: 24.12.2008 12:19

  In die Wüste mit ihnen!
Ich wäre dafür das Cisalpino Rollmaterial nach Afrika zuverschicken und dann neue TGV's von Bern nach Italien einsetzen. Oder wie wäre es mit den neuen AGV's?
von: Pipo
am: 24.12.2008 12:16

  Primitiv ??
@ Thomas Du nennst die Eisenbahn primitiv ?? Aber hallo, was stellst du dir als Ersatz vor ?? Jeden Tag werden tausende von Pendler befördert... Du hast demfall noch nie die Bahn benüzt und stehst lieber mit deinem Auto im Stau... Gratuliere !!
von: Marc
am: 24.12.2008 12:08

  Desaster
Wenn ich mich richtig erinner, gab es doch schon während der Evaluation immer Probleme mit dem Cisalpino?!! Warum wurde damals dieser Schrott trotzdem gekauft? Die damaligen Verantwortlichen gehören wegen Verschleuderung von Steuergeldern zur Rechenschaft gezogen.
von: Martin Kohler
am: 24.12.2008 12:07

  ICN
Cisalpino ausmustern -> Zweisystem ICN bauen!
von: marco
am: 24.12.2008 12:05

  Michi:
Die Italiener wählen wiederholt einen Berlusconi als Präsidenten, haben Grossbanken, welche ohne staatliche Unterstützung konkurs gegangen wären, die Fluggesellschaft Alitalia hat seit 1998 4.9mrd erhalten (u.a.), und von den Behörden wollen wir ja wohl gar nicht reden, ne?
von: sureidingu
am: 24.12.2008 12:00

  Leider bestätigt sich das Klische
und zwar nicht über die italienischstämmigen Leute in der Schweiz, sondern über die italienische Wirtschaftspolitik. Wer einen Berlusconi wählt, sollte lieber ruhig sein, der ist noch viel schlimmer als der Uäli
von: hansueli
am: 24.12.2008 11:58

  Pendelndes Desaster
Das Land spieglt ja nur das was die Bürger sind! Warum kauft man dann unbrauchbare Züge und macht noch Verträge die mehr mit Mafia zu tun haben als mit normalen Geschäftsbedingungen. Wer die Unterschrieb von der SBB gehört in die Sahara.
von: Peter
am: 24.12.2008 11:57

  primitiv
Die Eisenbahn gibt es schon seit Beginn des 19. Jh. Diese primitive Technik sollte schon laengst ausgetauscht sein. Das System wird uns noch sehr teuer zu stehen kommen. Es ist halt wieder ein typisches Fehlmanagement.
von: Thomas
am: 24.12.2008 11:57

  Und doch immer teurer..
Ständig Pleiten und Pannen und dennoch werden die Ticketpreise Jahr für Jahr teurer..
von: elani
am: 24.12.2008 11:57

  so
Ich bin sehr zufrieden mit meinem FIAT GRANDE PUNTO und meinem LANCIA MUSA. Sehr gute Autos. Also bitte nicht verallgemeinern. Die SBB hat schlicht und einfach wieder mal schlecht verhandelt.
von: Michael
am: 24.12.2008 11:55

  Sauladen
Die SBB ist der grössere Schrottladen als das VBS. Wann wird endlich dort aufgeräumt. Guter Rat privatisieren und dem Steuerzahler nicht noch mehr auf der Tasche liegen
von: Kari Bari
am: 24.12.2008 11:53

  immer dieselben vorurteile...
ach ja, in der schweiz ist wohl immer alles besser...? ich fahre seit jahren fiat und blieb NIE auf der strecke! => pendler: wir wählen einen maurer als BR und haben grossbanken, welche ohne staatliche unterstützung konkurs gegangen wären, eine fluggesellschaft die hopps ging, behörden die schlampen
von: Michi
am: 24.12.2008 11:49

  Testen, warten, ... und?
Wenn die Cisalpinos nicht funktionieren, einfach eine andere Lösung finden. Typisch Schweizer: "Problem? hach, schade..." aber reagieren? nein, sicher nicht, sonnst sind wir die bösen. Quatsch! Also, SBB, bitte eine Lösung bringen! Danke.
von: Sebastien Heusler
am: 24.12.2008 11:48

  Lieber eine Ende mit Schrecken...
Sass selber schon eine geschlagene Stunde in einem stehenden Cisalpino und habe den Anschluss in Mailand verpasst. Wenn Italien dem Cisalpino so wenig Interesse entgegenbringt, dann sollte die Gesellschaft aufgelöst werden. Die SBB können auch andere internationale Züge nach Italien schicken.
von: peter müller
am: 24.12.2008 11:45

  und ich verliere die geduld mit der sbb
steigende preise, ständig verspätung und der liebe partner vbz verändert nach belieben den fahrplan ohne rücksicht auf andere. tja ich werde in zukunft die umwelt mit meinem auto/motorrad mit vergnügen verschmutzen, hauptsache ich komme überall rechtzeitig an, vom preis her ists bald sowieso dasselb
von: ichundu
am: 24.12.2008 11:44

  Liebe SBB;
Niemand will den "Schiss-Alpino", lasst doch neue Züge von der Stadler Rail bauen und nicht von einem frnzösischen Konzern.
von: Tom
am: 24.12.2008 11:43

  SBB selber schuld
Dass in Italien eine andere Kultur und ein anderer Umgang mit Verspätungen herrscht, wusste man schon, bevor der Vertrag abgeschlossen wurde => SBB hört auf zu jammern, handelt doch einfach selbständig.
von: Steffu
am: 24.12.2008 11:33

  Unabhängigkeit im Bahnverkehr
...grad im internationalen Bahnverkehr ist es ziemlich schwierig unabhängig zu sein - oder soll man an jeder Grenze in einen anderen, lokal produzierten und geführten Zug, umsteigen?
von: Hans Durtschi
am: 24.12.2008 11:32

  Fiat bliebt Fiat *lach*
Wer sich einen Fiat kauft, ist selber schuld. Schon anno 2000 sah ich einen ganzen Zug kotzen, weil es wie ein Schiff seegang verursachte.
von: Luigi Tartuffo
am: 24.12.2008 11:30

  Auto...
Na herzliche Glühstrumpf ihr frischgebackenen Autofahrer. Zum Glück gibt's ja auf der Strasse immer freie Fahrt, keine Ampeln, keine Baustellen, keine Unfälle - und wir blöden Bahnfahrer haben vielleicht wegen euch den einen oder anderen freien Sitzplatz...
von: Kurt Aeberhard
am: 24.12.2008 11:29

  Selber machen
Und was ist die Moral der Geschichte? Versuchen, möglichst alles selber machen, Verantwortlichkeiten nicht aufteilen, denn dann fühlt sich niemand mehr für etwas verantwortlich. Typisches Problem von vielen EU-Ländern. Die Lösung: "Seinen eigenen Weg gehen und nicht von anderen abhängig werden".
von: Samuel Rohrbach
am: 24.12.2008 11:25

  geschäftssinn der sbb
die sbb ist ein unternehmen. es interessiert mich als kunde nicht warum es nicht funktioniert. ich will dass es funktioniert! ich musste von lausanne bis an die grenze mit einem krüppelzug fahren, der ein halbes abteil 1. klasse sitze hatte. tolle sache. habe mir schlussendlich ein auto zugelegt.
von: Scx
am: 24.12.2008 11:22

  endlich
Liebe SBB... Das hat aber lange gedauert, bis Ihr das Problem erkannt habt... ZU lange! Ich fahre wieder Auto..
von: Sandra
am: 24.12.2008 11:22